Die Rollfährestraße, Flaniermeile von der Hubbrücke zur Donau, liegt im Melker Naherholungsgebiet Nr. 1 Donauau. Dort sind vor allem (zu 75 %) Radfahrer und Fußgänger unterwegs. Die Neugestaltung gibt nun – entgegen der ursprünglich beschlossenen Planung – den Autos Vorrang und fordert zum ungebremsten Einfahren in die Rollfährestraße auf. Das erhöht das Gefährdungspotenzial für flanierende Familien, ältere Menschen, Kreuzschifffahrtpassagiere und alle weiteren Fußgänger sowie die vielen Donauradweg-Radelnden sowie Freizeitradler aus Melk enorm.

Bei der Verhandlung am 27.9.2019 auf der Bezirkshauptmannschaft Melk (Kennzeichen: MEW2-NA-1754/002; MEL1-V-171/025) zum Umbau der Rollfährestraße in der Melker Au/Natura 2000-Gebiet (an der alle in das Projekt involvierten Sachverständigen, NÖ Umweltanwalt, Stift Melk, Bürgermeister Strobl, Vizebürgermeister Kaufmann und die Radlobby Melk teilnahmen) wurde von allen Anwesenden den gemeinsam getroffenen Planungs-Vereinbarungen zugestimmt. Diese beinhalten auch die Beibehaltung der Nachrang-Regelung für die Autozubringerstraße von der (neuen) Autobrücke an der Einmündung in die Rollfährenstraße.

  PLAN: Fassung vom September 2019 (mit roter Haltelinie für Zufahrtsstraße)

 

In der jetzt gebauten Straßengestaltung erfolgt nun, entgegen dieser Vereinbarung, eine gefährliche Vorrangumkehrung.  Der Auto- und Busverkehr wird nun ungebremst mit Vorrang in einer 90°-Kurve von der Auto-Zubringerstraße in den donauseitigen Teil der Flaniermeile Rollfährestraße eingeleitet. Den oft ortsunkundigen Auto- und Busfahrern wird so die Information vorenthalten, dass sie von einer Zubringerstraße in eine von Fußgängern und Radfahrern dominierte Flaniermeile (75 % Verkehrsanteil Fußgänger und Radfahrer – Zahlen im Anhang) einfahren. Eine Behandlung dieses Thema im Ausschuss für Infrastruktur, Mobilität und Raumordnung, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden, erachtet die Radlobby Melk im Sinne der Verkehrssicherheit für wichtig.

FOTO: Autos von Zufahrtsstraße (rechts) fahren ungebremst, mit Vorrang, um die Kurve in die Flaniermeile Rollfährestraße ein.

 

Vizebürgermeister und Verkehrsstadtrat Wolfgang Kaufmann nennt in seinen beiden Antwortschreiben auf die Nachfrage der Radlobby, keinen inhaltlichen Grund für dieses einseitige Abweichen der Stadtgemeinde von der wohl begründeten am 27. September 2019 akkordierten Vorrang/Nachrang-Regelung. Gute Gründe sprechen hingegen  g e g e n  diese einseitige Planänderung im zentralen Melker Naherholungsgebiet.

Die Radlobby Melk hat Dipl.-Ing. Dr. Michael Meschik, Universität für Bodenkultur, Institut für Verkehrswesen, Department für Raum, Landschaft und Infrastruktur, einen der erfahrensten Verkehrsexperten in Österreich, um seine Fachmeinung gebeten. Er ist seit der gründlichen Vorbereitung für seinen Vortrag „Radfahren in Melk – Zustand, Chancen & Potenziale“ (Hier können die Folien des Vortrags, inklusive der Melk-Beispiele, nachgelesen werden.) im Oktober 2019 in Melk mit der Verkehrssituation in Melk sehr gut vertraut:

3 Gründe für die Beibehaltung des Nachrangs der Auto-Zufahrtstraße zur Rollfährestraße:

Grund 1: Straße für Tempo 30 dimensionieren, wenn Tempo 30 gefahren werden soll

Die Stadtgemeinde Melk will, dass die Autos in der Rollfährenstraße und am Autozubringer Tempo 30 fahren – warum wird dann eine für die Situation überdimensionierte Straße zum Schnellfahren angeboten, dies durch die jetzt geplante Vorrangregelung zusätzlich verschärft, und dann versucht sie mit einer Tempo 30-Tafel einzubremsen?  Statt die Straße – und Vorrangregelung – so zu dimensionieren, dass bereits die Gestaltung langsames Fahren nahelegt?

Dazu die Fachmeinung von Dipl.-Ing. Dr. Michael Meschik, Universität für Bodenkultur, Institut für Verkehrswesen, Department für Raum, Landschaft und Infrastruktur:
Für 30 km/h wäre eine Gesamtfahrbahnbreite von 6,25m ausreichend – nicht 7 m

„Die Fahrbahn von der neuen Autobrücke kommend, weist zwei Fahrstreifen mit Autobahnbreite (3,50m) auf. Da können selbst Busse im  Begegnungsverkehr flott fahren. Eine höhere Geschwindigkeit ist auch zu erwarten, trotz 30 km/h Beschränkung. 3,50 m breite Fahrtstreifen werden etwa für Freilandstraßen mit 5000 bis 7000 Fahrzeugen pro Tag (Anm.: in der Rollfährestraße sind in der Hochsaison bis zu 500 Pkw und Busse pro Tag unterwegs) fahren und Projektierungsgeschwindigkeiten von um die 90 km/h angewendet (RVS 03.03.31 Querschnittselemente Freilandstraßen; Verkehrs- und Lichtraum), laut RVS 03.04.12 (Querschnittsgestaltung von Innerortsstraßen) sind Querschnitte von 6,50m Breite (2 Fahrstreifen mit 3,25m Breite) für Bus/Bus Begegnung für Geschwindigkeiten von 30-50 km/h anzuordnen, für 30 km/h wäre eine Gesamtfahrbahnbreite von 6,25m ausreichend. Hier sind 7,00 m projektiert worden; aus meiner Sicht eine deutliche Überdimensionierung, die mit den geforderten 30 km/h nicht zusammenpassen.“

(RVS = Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen – sie stellen den Stand der Technik dar, der üblicherweise Planungen zugrunde gelegt wird)

Grund 2: Autofahrer nicht dumm sterben lassen – Verkehrssicherheit muss Vorrang haben

Warum wird den Autofahrern durch die Gestaltung einer Straße in Bundesstraßen-Dimension (7 m, 3,5 m je Richtungsspur) samt Vorrang in der 90 °-Kurve von der Zubringerstraße in die Rollfährenstraße vorgemacht, sie befahren eine Straße mit durchgehend einheitlicher Autostraßen-Charakteristik? Autofahrer, die vom Autozubringer kommend in die Rollfährenstraße fahren, brauchen die Information „Stopp“ mit Zusatzschild: „Achtung Fußgänger und Radfahrer auf der Straße!“, am besten ergänzt durch Fußgänger-, Fahrrad- und Tempo 30-Symbolen auf der Fahrbahn in der Rollfährenstraße, um sich rücksichtsvoll und mit der gebotenen Vorsicht verhalten zu können. Warum wird den Autofahrern diese wichtige Information vorenthalten, dass sie von einer Zufahrtsstraße in einen Flaniermeile einbiegen, in der zu 75 % Radfahrer und  Fußgänger unterwegs sind (Zahlen am Ende dieser Aussendung), die auch die Autospuren mitbenützen dürfen (nicht benützungspflichtiger Geh- und Radweg) – und in der Hochsaison auch müssen, soll es zu keinem Stau und gefährlichen Konflikten am 3 m breiten (nicht benützungspflichtigen) Geh- und Radweg im Begegnungsverkehr kommen. Warum wird den Auto- und Busfahrern diese für ihr angepasstes Verhalten nötige Information vorenthalten, um sich dort verkehrssicher und rücksichtsvoll verhalten zu können? Zusätzlich fehlt der im beschlossenen Plan vorgesehene 0,5 m Trennstreifen zwischen Autostraße und Geh-/Radweg.

Dazu die Fachmeinung von Dipl.-Ing. Dr. Michael Meschik:

„Radfahrende, die auf dem markierten Geh-Radweg Richtung Donau unmittelbar neben und gegen die Fahrtrichtung des angrenzenden Kfz-Fahrstreifen fahren (sollen?), werden sich recht unwohl fühlen, weil sie keinerlei (baulichen) Schutz vor den entgegenkommenden Kfz haben. Ich, als Radfahrer, würde die Fahrbahn mit den Kfz nutzen.

Der phänomenale Vorrang (= das, was man als Verkehrsteilnehmer vor Ort als logisch erwarten würde) liegt wahrscheinlich bei der geradeausführenden Fahrbahn, wo auch deutlich mehr Fahrzeuge (Radfahrende) und Fußgänger unterwegs sind (siehe Zählungen der Radlobby Melk). Die angeordnete Vorrangregelung ums Eck favorisiert eindeutig die Minderheit der stärkeren Kfz.“

Grund 3: Fußgänger und Radfahrer sind hier in der Mehrzahl und brauchen Platz, um sich gefahrlos bewegen zu können

Die zahlreichen Fußgänger im Sommer 2019 auf der 5 m breiten „alten“ Rollfährenstraße – künftig teilen sie sich mit den Radfahrern einen 3 m breiten Geh-/Radweg – im Gegenverkehr.

Radfahrer dürfen (quadratische Geh-/Radweg-Tafel = nicht benützungspflichtig) in der Rollfährestraße auch die Autofahrbahnen mitbenützen, damit sich Radfahrer und Fußgänger sicher und flüssig bewegen können. Für Fußgänger gilt diese Ausweichmöglichkeit nicht – sie müssen (auch einen nicht benützungspflichtigen) Geh-/Radweg immer benützen. Ob daher der 3 m schmale Geh-/Radweg im Gegenverkehr in der Hochsaison reicht, gefährliche Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern zu vermeiden, wird auch davon abhängen, ob Radfahrer es wagen und es ihnen einfach ermöglicht wird, ohne Angst auf die Autofahrbahnen auszuweichen.

In der alten Rollfährenstraße teilten sich Fußgänger und Radfahrer das 5 m breite Betonband mit den Autos und Bussen. Das verlangsamte Autos und Busse auf konfliktfreie Schrittgeschwindigkeit. Jetzt wird der Platz der Fußgänger und Radfahrer auf 3 m reduziert, obwohl sie hier eine 75%-Mehrheit stellen, während der Minderheit der Autos und Busse ein 7 m breites Asphaltband gebaut wurde.

Noch sind die Markierungen in der Rollfährestraße nicht endgültig ausgeführt und es ist daher im Sinne der Verkehrssicherheit eine Ausgestaltung entsprechend des ursprünglich akkordierten Planes noch ohne großen Aufwand möglich. Im Sinne der Verhandlungskultur und Verkehrssicherheit geht die Radlobby Melk davon aus, dass diese akkordierte Lösung, für die es gute Gründe gibt, verbindlich ist und bleibt und auch entsprechend umgesetzt wird.

 

Anhang – Verkehrszählung Rollfährestraße:

Verkehrszählung Rollfährenstraße, Wochentag (Do. 18.7. 2019):

Ergebnis – Gesamt-SUMME: 2492 Bewegungen

Fußgänger/innen:  817 (33% der Bewegungen = 68 pro Stunde)

Fahrrad: 1066 (43 % = 89 pro Stunde)

Pkw (inkl. Klein-Lkw): 470 (19 % = 39 pro Stunde )

Busse: 106 (4 % = 9 pro Stunde)

Motorräder/-roller: 11 (0,4 %)

Lkw (vor allem Gemeinde-Klein-Lkw): 22 (0,9 %)

 

Verkehrszählung Rollfährenstraße, Sonntag (So. 30.6. 2019):

Ergebnis – Gesamt-SUMME: 1.807 Bewegungen

Fußgänger/innen: 786 (= 44 % = 66 pro Stunde)

Fahrrad: 585 (= 32,4 % = 49 pro Stunde)

Pkw (inkl. Klein-Lkw): 335 (= 19 % = 28 pro Stunde)

Busse: 64 (3,5 % = 5 pro Stunde)

Motorräder/-roller: 37 (2 % = 3 pro Stunde)

 

 

Rollfährestraße – gefährliche Vorrang-Umkehr gefährdet Fußgänger und Radfahrer
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