Wir drücken der Familie der am vergangenen Freitag von einem jungen Autofahrer getöteten Radfahrerin unser herzliches Beileid aus. Wir appellieren an unsere autofahrenden MitbürgerInnen, ihre Fahrzeuge konzentriert und rücksichtsvoll zu lenken. Und wir appellieren – in Form eines offenen Briefes – ein weiteres Mal an die Politik, ein sicheres Wegenetz für Radfahrerde und FußgängerInnen zu schaffen.
Offener Brief: Leben retten oder Parkplätze retten?
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmuckenschlager,
sehr geehrter Herr Landesrat Schleritzko,
sehr geehrte Frau Landeshauptfrau Mikl-Leitner,
am vergangenen Freitag wurde in Klosterneuburg eine Radfahrerin getötet. Sie war auf der Hölzlgasse (B14) unterwegs. Ein Autolenker fuhr trotz Stopptafel aus der Josef Brenner-Straße in die Kreuzung ein, und es kam zum Zusammenstoß. Ein tragischer Einzelfall, den man nicht verhindern hätte können?
Tatsächlich ist an der Kreuzung nichts Besonderes. Der Vorrang ist klar geregelt und die Sichtbeziehungen sind ausreichend. Natürlich wird man dennoch versuchen, die Situation dort zu entschärfen. Das geht aber leider am grundlegenden Problem vorbei. Auf dieser Straße sollten keine Radfahrer fahren – oder besser: fahren müssen.
Die RVS gelten nicht nur für Neubauten
Mischverkehr von Radfahrenden mit dem KFZ-Verkehr ist für Nebenstraßen mit Geschwindigkeiten bis 30 km/h geeignet. Bei Durchzugsstraßen wie der B14 sind getrennte Radfahranlagen erforderlich oder der Radverkehr muss über andere Routen geführt werden. Das ergibt sich nicht nur aus Unfallstatistiken, sondern ist folgerichtig auch in den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) seit vielen Jahren entsprechend formuliert.
Seit 2013 hat das Forum Radverkehr vielfach aus genau diesem Grund vorgeschlagen, die Einbahn in der parallel verlaufenden unteren Medekstraße für den Radverkehr freizugeben. 2019 hat die Radlobby im Rahmen der Aktion „Sichere Schulradwege“ eine Petition zur Radweganbindung des Gymnasiums unterstützt, in der erneut ausdrücklich eine Route über die Medekstraße gefordert wurde. Bis heute führt die einzige Verbindung vom Medekviertel in die Obere Stadt über die gefährliche Hölzlgasse. Dabei wäre eine sichere Radroute über Medekstraße, Karl Domanig-Gasse, Burgstraße, Gadesgasse zum Gymnasium und dann weiter zur Musikschule und Hermannschule durchaus möglich. Bisher wurden aber alle Vorschläge dazu mit dem Hinweis auf dabei wegfallende Parkplätze abgelehnt.
Sichere Radinfrastruktur braucht Platz
Das STEK 2030+ sieht vor, „den Anteil nachhaltiger Verkehrsformen bis 2030 auf 55 Prozent zu steigern“. Unter anderem soll das durch einen „konsequenten Ausbau der Radinfrastruktur“ erreicht werden. Sichere Radwege brauchen Platz – Platz für ausreichende Breiten und Sichtbeziehungen an Kreuzungen. Selbstverständlich kann das nur durch eine Reduktion von Autofahrbahn- und/oder Stellplatzflächen erreicht werden. Auch wenn es politisch nicht so schön klingen mag: Den Anteil nachhaltiger Verkehrsformen zu steigern, heißt auch, den Autoverkehr zurückzudrängen.
Bitte nehmen Sie diesen tragischen Fall zum Anlass, und überlegen Sie noch einmal grundlegend, ob wir lieber Leben oder Parkplätze retten wollen!
Mit freundlichen Grüßen
Werner Palfinger, Radlobby Klosterneuburg