Was lange wärt, wird endlich gut, sagt ein Sprichwort. Gilt es auch für die Wolkersdorfer Alleegasse?
Gemeinde ist für Verkehrsberuhigung
Die Alleegasse ist eine Verbindungsroute von Westen ins Ortszentrum, die von ca. 1500-2000 Kraftfahrzeugen täglich befahren wird. Diese Straße für den Radverkehr sicherer zu machen, fordern seit vielen Jahren nicht nur Anrainerinnen und Anrainer, sondern auch Verkehrsfachleute. Die Stadtgemeinde bemüht sich seit 2019 verstärkt um eine Lösung. Da neben der Alleegasse kein Platz für einen getrennten Radweg ist, beauftragte die Stadt ein Planungsbüro, das eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und Mehrzweckstreifen in beide Richtungen vorschlug. Mehrzweckstreifen dürfen von allen Fahrzeugen, also auch Autos, befahren werden, allerdings ist hier besondere Rücksicht auf Radfahrende zu nehmen.
Der Entwurf der Verkehrsplaner fand in Wolkersdorf weithin Zustimmung und wurde auch ins Mobilitätskonzept der Stadt aufgenommen. Doch als es im Juni 2021 zur Verhandlung über den Entwurf kam, stellte sich der Sachverständige des Landes Niederösterreich quer.
Sachverständiger des Landes ist dagegen
Die Alleegasse ist eine Landesstraße, weshalb jegliche Änderungen der Verkehrssituation vom Land abgesegnet werden müssen. Der Sachverständige des Landes war jedoch der Ansicht, dass Mehrzweckstreifen die Verkehrssicherheit gefährden würden. Weiters laufe die Einführung von Tempo 30 der Straßenverkehrsordnung zuwider, weil diese Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit vorsehe. Der Sachverständige verlangte eine abermalige Untersuchung der Situation, auf deren Grundlage dann eine neue Lösung erarbeitet werden sollte.
Kompromiss brauchte 2 Jahre
Zwei weitere Jahre später liegt diese Lösung nun vor und ist sogar bereits umgesetzt worden:
1. In der Alleegasse gilt jetzt zwischen der Einmündung der Bahnstraße und dem Beginn der Nebenfahrbahn am Ortsausgang – auf einer Länge von 487 m – Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit.
2. Die Nebenfahrbahn am Ortsausgang ist zur Fahrradstraße erklärt worden. Das heißt, das dort außer Fahrrädern nur Anrainerinnen und Anrainer fahren dürfen.
3. Zwischen der Johannesgasse und dem Beginn der Nebenfahrbahn wurden in beiden Fahrtrichtungen im Abstand von ca. 25 m sogenannte „Sharrows“ auf die Fahrbahn gemalt. Diese sollen einerseits auf den Radverkehr aufmerksam machen, andererseits den Radfahrenden eine sichere Fahrlinie vorgeben mit genügend Seitenabstand, sodass sie vor aufschwingenden Fahrzeugtüren parkender Autos („dooring“) geschützt sind und – in der Alleegasse besonders dringlich – die Gefahr durch überholende Kraftfahrzeuge verringert wird.
Kann das Problem „Alleegasse“ für Radfahrende damit als gelöst betrachtet werden?
Meinung der Radlobby
Die Radlobby Wolkersdorf bewertet die getroffenen Maßnahmen als deutliche Verbesserung der Situation. Wir danken daher den Verantwortlichen in der Stadtgemeinde, insbesondere Bürgermeister Dominic Litzka und Stadtrat Christian Schrefel, ausdrücklich dafür, dass sie sich über viele Jahre hinweg für eine Lösung eingesetzt haben.
Dennoch wirft das Resultat aus unserer Sicht Fragen auf:
1. Warum wurde die Höchstgeschwindigkeit nur auf einer Länge von 487 auf 30 km/h herabgesetzt und zwischen Johannesgasse und Bahnstraße Tempo 50 belassen? Dieser ca. 300 m lange Abschnitt der Alleegasse ist kurvig und eng, sodass Radfahrende dort erhöhten Gefahren ausgesetzt sind. Durch die Beibehaltung von Tempo 50 wurde die Chance vertan, einen lückenlos sicheren Radweg zwischen Münichsthal und dem Zentrum von Wolkersdorf herzustellen. Die Lücke ist umso verwunderlicher, als die Verbindungsroute auch im regionalen Radbasisnetz als
vordringlich vermerkt ist.
2. Wird die Einhaltung von Tempo 30 auch kontrolliert werden?
3. Während die Größe der „Sharrows“ und ihre Anzahl – d.h. ihr Abstand voneinander – vorbildlich sind, ist ihre seitliche Positionierung teilweise sinnwidrig und entspricht nicht den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS).
4. Warum hat es mehr als vier Jahre gedauert, diese Lösung zu finden und umzusetzen?
Fazit
Die Einführung von Tempo 30 auf einem Abschnitt der Alleegasse ist jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Da jedoch auf einem problematischen Teilstück weiterhin Tempo 50 gilt, wurde das Ziel, eine lückenlos sichere Radverbindung von Westen ins Ortszentrum zu schaffen, verfehlt.
Weiterhin lässt die Dauer des Verfahrens Zweifel daran aufkommen, dass das Land seine hochgesteckten Ziele in puncto Radverkehr und Klimaschutz erreichen wird. Die Stadt Wolkersdorf ist da schon viel weiter. Von daher erscheint es sinnvoll, den Gemeinden gesetzlich die Möglichkeit an die Hand zu geben, Tempo 30 auf Landesstraßen innerorts selbständig einzuführen.