Von 2. bis 9. November 2023 liefen die Verhandlungen zur Umweltverträglichkeit (UVP) im VAZ St. Pölten. Die Radlobby Niederösterreich hat dazu eine Stellungnahme verfasst.

Stellungnahme der Radlobby Niederösterreich zur zusätzlichen Donaubrücke und Ausbau B123b (DBM)

Die Radlobby Niederösterreich fordert die Berücksichtigung der Interessen der Öffentlichkeit und der Anrainerinnen und Anrainer und damit die Reduktion von verkehrlichen Belastungen.
Nur die Verlagerung des Modal Splits von Kraftfahrzeugverkehr in Richtung aktive Mobilität und Schiene entlastet die Region langfristig und erhöht die Lebensqualität.
Die Radlobby NÖ unterstützt eindeutig eine Variante der Donaubrücke am bestehenden Standort mit einer entsprechenden Ausstattung mit Rad- und Fußwege-Infrastruktur. Eine zusätzliche Donaubrücke wird abgelehnt.

Begründung

Induzierter Verkehr aus der Variante 12 schwemmt Siedlungsraum mit Autoverkehr – Finanzierung für notwendige Begleitmaßnahmen nicht vorgesehen

Zusätzliche Auto-Straßen induzieren weiteren Autoverkehr. Je weniger Kraftfahrzeuge unterwegs sind umso attraktiver wird es, mit dem Rad unterwegs zu sein [siehe RVS Radverkehr 03.02.13]. Die vorgeschlagene Variante induziert dabei weiteren Kraftfahrzeugverkehr. Der Quell- und Zielverkehr landet in den Siedlungsgebieten und drängt die Menschen noch weiter an den Rand. Gehen und Radfahren auf den Straßen, die für alle Verkehrsteilnehmenden gedacht sind (Stichwort Landesstraßen) wird verunmöglicht.
Diese Spirale gilt es aufzubrechen.
Die Projektwerber muten sehenden Auges Verschlechterungen für die Bevölkerung besonders im Hinblick auf die sichere Ausübung aktiv mobiler Mobilität zu, um gänzlich unverbindliche Maßnahmen (etwa LKW-Fahrverbote in Siedlungsräumen, Tempo-Maßnahmen, Radwegführungen etc.) [Quelle: INHALTSVERZEICHNIS (noe.gv.at), Stellungnahmen des Landes NÖ „Nicht Projektbestandteil.“] in Aussicht zu stellen. Die Projektwerber übernehmen keine Verantwortung für die Verkehrsschwemme und überlassen den Gemeinden, die Umsetzung und Budgetierung/Finanzierung von Maßnahmen um deren Bevölkerung in den Siedlungsräumen zu schützen und vom Verkehr zu entlasten.

Mit dem Projekt werden folgende Leitziele des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 verletzt:

[Quelle: Gesamte Rechtsvorschrift für NÖ Raumordnungsgesetz 2014, Fassung vom 27.10.2023 Langtitel NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) StF: LGBl. Nr. 3/2015 [CELEX-Nr.: 32012L0018, 31992L0043, 31997L0062, 31979L0409, 31981L0854, 31991L0244, 31994L0024, 31997L0049, 32001L0042, 32002L0049; nÖ rog 2014, fassung vom 18.05.2021.pdf (bka.gv.at)]:
b) Ausrichtung der Maßnahmen der Raumordnung auf
– schonende Verwendung natürlicher Ressourcen
– Sicherung mineralischer Rohstoffvorkommen
– nachhaltige Nutzbarkeit
– sparsame Verwendung von Energie, insbesondere von nicht erneuerbaren Energiequellen
– Ausbau der Gewinnung von erneuerbarer Energie
-Reduktion von Treibhausgasemissionen (Klimaschutz)
-wirtschaftlichen Einsatz von öffentlichen Mitteln.“

Die Erneuerung der Bestandsbrücke mit Rad- und Fußinfrastruktur schont natürliche Ressourcen, nutzt bestehendes, spart Energie, reduziert Treibhausgase und ist ein wirtschaftlicher Einsatz von öffentlichen Mitteln. Es gibt hier unzureichende Erhebungen zur Prüfung dieser Variante.

Unzureichende Erhebungen um die Anforderungen von Gehenden und Radfahrenden gerecht zu werden

In den Unterlagen sind unzureichend Verkehrszählungen und Verkehrsprognosen hinsichtlich Radverkehr zu entnehmen. So wird etwa im Vorprojekt 2020, Fachbereich Verkehr und Technik Belastungspläne DTVw [Quelle: 11_Belastungsplan_PF 2035-V13.jpg (noe.gv.at)] ausschließlich der Kfz- und LKW-Verkehr jedoch nicht das der Fuß- und Radverkehr analysiert und für 2035 prognostiziert.

Radverkehr als Lösung zur Verkehrsentlastung

Mit der Zunahme von E-Bikes [Quelle: VSSÖ Fahrradverkaufszahlen 2021 Fahrradverkaufszahlen 2021 – VSSÖ (vsso.at)] und E-Lastenräder nehmen auch die Reichweiten und Transportkapazitäten des Rades zu. Dem muss die Verkehrsinfrastruktur und neue zukunftsorientiere Straßenprojekte Rechnung tragen. Das analysierte Projektgebiet umfasst einen Radius von 10 Kilometer und 23 Gemeinden. [Quelle: UG_8_Kurzbeschreibung.pdf (noe.gv.at) B123b Mauthausener Straße, Abzweigung neue Donaubrücke Mauthausen, Einreichprojekt 2022, Allgemein verständliche Zusammenfassung der Umweltverträglichkeitsprüfung]. Diese Weglängen können zu einem gewissen Teil vom Kraftfahrzeug auf das Fahrrad verlagert werden.

Gezielte Schädigung des Klimas ist verboten

Um Klimaschutz ernsthaft um zu setzen müssen auf alle Ebenen Treibhausgase im jeweiligen Wirkungsbereich reduziert werden. Dabei wird durch das Projekt Donaubrücke V12 Kraftfahrzeugverkehr dauerhaft induziert und damit Treibgasemissionen auf subnationaler Ebene erhöht. Das Projekt schädigt damit in seinem Wirkungsbereich unser Klima und steht den Erfordernissen des Klimaschutzes und der Niederösterreichischen Landesverfassung [NÖ Landesverfassung 1979, Fassung vom 27.10.2023 https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000038 ] entgegen.

NÖ Landesverfassung, Artikel 4, Abs. 3: „Lebensbedingungen:
Das Land Niederösterreich hat in seinem Wirkungsbereich dafür zu sorgen, dass die Lebensbedingungen der niederösterreichischen Bevölkerung in den einzelnen Gemeinden und Regionen des Landes unter Berücksichtigung der abschätzbaren, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse gewährleistet sind. Dabei kommen … dem Klimaschutz, dem Schutz und der Pflege von Umwelt, Natur, Landschaft und Ortsbild, besondere Bedeutung zu…“

Es steht weiters den nationalen Zielen zur Klimaneutralität bis 2040 Mobilitätsmasterplan 2030 – Neuausrichtung des Mobilitätssektors (bmk.gv.at) und den europäischen Klima-Zielen für 2030 entgegen.
Das Projekt führt nicht zur Reduktion von Treibhausgasemissionen.
Durch eine Verlagerung des Kraftfahrzeugverkehrs auf umweltfreundliche Mobilitätsformen kann ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Die Umweltauswirkungen und Auswirkungen auf den Modal Split im Vergleich etwa zu einer Variante „Erneuerung der bestehenden Donaubrücke und Verbesserung der Rad- und Fußinfrastruktur auf dieser und NICHT-Bau einer zusätzlichen Brücke mit Anreizen in Rad-, Schienen- und Fußinfrastruktur“ ist zu prüfen. Eventuell kann mit dieser Variante ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Hier gibt es zahlreiche Beispiele wie etwa die Entfernung der Autobahn in Seoul [Quelle: Lebensraum statt Autobahn in Seoul – Mobilität mit Zukunft (vcoe.at)] oder Uetrecht [Quelle: Mehr Grün und mehr Wasser – Utrecht legt einen Kanal frei und reißt dafür eine Stadtautobahn ab | STERN.de].

Donaubrücke am alten Standort wichtig für Fuß- und Radverkehr

Aktive Mobilitätsformen wie Gehen und Radfahren sind sehr umwegsensibel. Alltagsradelnde suchen Direktheit und Durchgängigkeit und Abkürzungen, wenn die Radwegsführung mit Umwegen verbunden ist- siehe Grundsätze in Radverkehr RVS 03.02.13.

„… Alltagsradverkehr: … Planungsgrundlage: Sicherheit und Direktheit, Komfort, Attraktivität und Durchgängigkeit, sucht Abkürzungen, wenn die Radverkehrsführung mit Umwegen verbunden ist;
Die Ziel- und Quellpunkte sind sicher, attraktiv, komfortabel und direkt untereinander zu verbinden. Grundsätze der Netzgestaltung sind aus dieser Sicht gegenüber den Bedarfskriterien (z.B. aktuelle Radverkehrsstärken als Planungskriterien) in den Vordergrund zu stellen.
Verbindung potenzieller Ziel- und Quellpunkte
Das Radverkehrsnetz hat sich an diesen bzw. den sich daraus ergebenden Wunschlinien zu orientieren. Solche Quell- und Zielpunkte sind Wohngebiete, Bildungseinrichtungen, Wohnheime, ÖV-Haltestellen, Verwaltungs- und Geschäftszentren, Industrie- und Gewerbegebiete, Naherholungsgebiete, Sportstätten, Bäder, Sehenswürdigkeiten usw.“

Daher ist die zusätzliche Donaubrücke in der Variante 12 eine nicht adäquate Variante. Bei einer Neuprojektierung ist bei der Verbindung über die erneuerte Donaubrücke eine umwegfreie Anbindung vorzunehmen!

Projekt bindet dringend notwendige Gelder für den Radverkehr

Laut NÖ Straßengesetz ist bei Straßenbauten „insbesondere auf die Interessen der Fußgänger und Radfahrer Bedacht zu nehmen“ [Quelle: NÖ Straßengesetz 1999, Fassung vom 27.10.2023 https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrNO&Gesetzesnummer=20000791 ]. Die aktuelle Variante bindet nach derzeitigen Berechnungen 168 Millionen Euro [Quelle: Start – B123b Neue Donaubrücke Mauthausen (donaubruecke.at)], welche im Bereich Radverkehr in Niederösterreich und Oberösterreich dringend erforderlich sind. So umfasst das Radverkehrsbudget des Landes Niederösterreich derzeit 10 Millionen Euro [Quelle: https://www.noe.gv.at/noe/Budget/Voranschlag_2023.pdf].

Stellungnahme RadlobbyNÖ_Donaubruecke_Mauthausen

Verkehrswende.at veröffentlicht Gutachten zur Gefährdung der Gesundheit und des Lebens durch den Straßenbau

zum Gutachten

Hier zu den Unterlagen des Landes Niederösterreich und Landes Oberösterreich

https://www.noe.gv.at/noe/Umweltschutz/UG_8.html

Zusätzliche Donaubrücke bei Mauthausen
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