| Wiener Neustadt · 7. Oktober 2019 |

Wieder ein Pollerunfall – diesmal im Bezirk Neunkirchen
Richtlinien-Vorschlag für Gemeinden und Land NÖ

Poller mit dem verletzten Radler am Boden liegend. Dahinter ein Auto eines Helfers. Foto: Radlobby NÖPoller in der Radwegmitte sind bei Radelnden unbeliebt und führen immer wieder zu schweren Unfällen wie zuletzt in St. Egyden, Ortsteil Saubersdorf, im Bezirk Neunkirchen. Unfallstandort: Google/Maps

Ein Poller nach einer leichten Kurve, der durch eine Hecke nicht gleich sichtbar war, wurde einem Radfahrer zum schmerzhaften Verhängnis. Die bei vielen Radlern beliebte Steinfeldrunde kann so mit einem Krankenhausbesuch oder mit Schlimmeren enden.

Verletzter Arm, mehrere Blutergüsse, aufgeschundenes Knie und Bein. Foto: Radlobby NÖGrundsätzlich gilt, dass der Straßenerhalter für die Gestaltung eines Radweges zuständig und auch haftbar ist. In diesem Fall ist das die Gemeinde St. Egyden am Steinfeld, obwohl es sich um einen Begleitweg der Landesstraße B26 handelt.

Poller sind in der Regel gut gemeinte Sperren für den Kfz-Verkehr auf Radrouten. Die Gemeinde will offensichtlich den Radweg vom Autoverkehr frei halten. Es gilt aber, die Folgen von derartigen Hindernissen zu beachten.

Die Radlobby fordert die Einhaltung der Richtlinien bevor Poller errichtet werden

Unter Pollern (Sperrpfosten, Sperr-Poller) werden im Boden befestigte / lösbare / umkippbare Pfosten, in der Regel aus Stahl, verstanden.
Es werden zwei grundlegende Anwendungsbereiche von Pollern unterschieden: 

  1. Poller zum Ausschluss von Kraftfahrzeugen (Sperr-Poller)
  2. Poller zum Schutz von Verkehrsteilnehmern entlang von Radstreifen oder Radwegen
Die Radlobby rät auf Sperr-Poller zu verzichten

Poller zum Ausschluss von Kraftfahrzeugen auf Radrouten oder Radwegen, nur nach sehr dringendem Bedarf einsetzen: Fahrverbote für Kfz sollten ausreichen, die entweder durch einen verordneten Radweg oder durch ein allgemeines Fahrverbot ausgenommen Radfahrer gekennzeichnet sind.

Vor einer Entscheidung zu Sperr-Pollern:
  1. Beste Lösung: Nebenfahrbahn ohne besondere Kennzeichnung und ohne Sperre
    ist in der Regel ausreichend
  2. Um Klarheit zu schaffen: Verordnung eines allgemeinen Fahrverbotes,
    ausgenommen Radfahrer, Anrainer etc.
  3. Echte Radweg-Lösung: Verordnung eines Radweges/Rad-Gehweges im Sinn der StVO,
    mit Verkehrsschild blau, eckig, nicht benützungspflichtig
  4. Punktuelle Fahrbahnverengung durch Bewuchs, gekennzeichnete Pfosten links und rechts oder Steine mit weißer Bodenmarkierung in jeder Fahrtrichtung.
  5. Poller-Lösung im Ausnahmefall: In begründeten Ausnahmefällen in Warnfarben und mit Rückstrahlern ausgerüsteter Poller auf der Fahrbahn der Radroute mit weißer Bodenmarkierung in jeder Fahrtrichtung, nicht in der Nähe von Kurven oder uneinsehbaren Bereichen
    1. immer mit 1,5 m Durchfahrtsbreite zumindest auf 1 Seite
    2. nicht manuell umlegbar durch Straßendienst oder landwirtschaftliche Wegnutzer,
      da diese in der Regel inmitten des Weges umgekippt liegen gelassen werden und dadurch eine kaum sichtbare Gefahrenstelle darstellen
    3. flexible Poller, die vom Straßendienst oder landwirtschaftlichen Wegnutzer
      überfahren werden können: Bildbeispiele hier auf Google
    4. bei Bedarf durch Straßendienst oder landwirtschaftliche Wegnutzer entfernbare Poller.
Richtlinien der RVS-Fahrrad sind einzuhalten

In den bundesweit gültigen Richtlinien für die Planung aller für den Radverkehr (RVS) zugelassenen öffentlichen Verkehrsflächen gibt es folgende Vorgaben:

Besteht die Gefahr, dass Radwege missbräuchlich von anderen Fahrzeugen befahren bzw. verparkt werden, ist dies insbesondere durch Poller zu verhindern. Es ist auf eine deutliche Kennzeichnung aller in den Lichtraum ragenden Elemente sowie auf ausreichende Sichtbarkeit (z.B. auffällige Gestaltung, Ankündigung durch Gefahrenzeichen, Bodenmarkierungen oder profilierte Markierung) zu achten.

Um für Behindertenfahrzeuge und Fahrräder mit Anhängern ein ungehindertes Durchkommen zu ermöglichen, ist eine Durchfahrtsbreite zwischen den Pollern von 1,50 m (mind. 1,30 m) anzustreben.

Diese Richtlinien werden leider nicht immer eingehalten, wie man am aktuellen Unfallort sieht.

Radlobby-Kritik an der Landespolitik

Wieder handelt es sich um ein Problem entlang einer Landesstraße. Der Vorschlag der Radlobby, die Zuständigkeit für den Radverkehr entlang und auf Landesstraßen dem Land zu übertragen und eine fachliche Radkompetenz beim Land aufzubauen, wurde vom Land bisher noch immer nicht aufgegriffen.
Die Landespolitik baut den Autoverkehr nach wie vor aus, verbreitert die Landesstraßen, beschleunigt die Geschwindigkeit und erhöht damit auch die Gefahren.
Die Gemeinden werden mit den Folgen für den Radverkehr alleine gelassen.

Beispielbilder von Pollern

Unterführung L148 Lanzenkirchen/Kleinwolkersdorf

Fotos: Radlobby NÖ Fotos: Radlobby NÖ Fotos: Radlobby NÖ

Ein umlegbarer Poller: umgelegt praktisch nicht vorhersehrbar, ohne vorherige Kennzeichnung.
Der Poller wurde auf Hinweis der Radlobby von der Gemeinde entfernt.
In dieser engen Unterführung ist eine klare Kennzeichnung der Richtungsfahrspur für den Radverkehr durch eine weiße Mittellinie wichtig. Ein Poller ist dazu keine Hilfe.

Gute Beispiele von Poller-Vorankündigungen


Fotos: ADFC (Radlobby in Deutschland)
Gut sichtbare Vorankündigung eines Pollers, wenn ein Poller nicht vermieden werden kann.

Beispiel einer Einengung der Radroute

Um einen Poller zu vermeiden, kann auch die Breite einer Radroute für einige Meter enger gestaltet werden, zum Beispiel durch sehr große Steine, durch eine schöne Holzkonstruktion etc. Wichtig auch ist da ein Hinweis durch Markierungen oder Warntafeln.
Empfehlung: eine flexible Kontruktion ermöglicht bei Bedarf auch eine Durchfahrt von Fahrzeugen des Straßendienstes oder landwirtschaftlicher Fahrzeuge.

Foto: ADFC (Radlobby in Deutschland)

Dazu passend:
ADFC Positionspapier 
Umgang mit Pollern und Umlaufsperren

Radlobby NÖ Presseinfo
Meist keine gute Idee: Poller auf Radwegen
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