Wir haben alle im Gemeinderat vertretenen Parteien nach ihren Plänen rund ums Fahrrad befragt. Nun liegen die Antworten vor. Machen Sie sich selbst ein Bild, was Ihr Kreuzerl bei den anstehenden Gemeinderatswahlen im Jänner für den Radverkehr in Klosterneuburg bedeutet!
Fast alle Klosterneuburger Parteien bekennen sich zu einer aktiven Verlagerung des Verkehrs auf nachhaltige Mobilitätsformen. Doch spätestens wenn es um das Budget für die Radinfrastruktur geht, zeigt sich, wie ernst es den jeweiligen Parteien tatsächlich mit dem Ankurbeln der geräuschlosen Mobilität auf zwei Rädern ist. Dazu einige Fakten:
2019 standen läppische 5.000 Euro für die Radwege unserer 27.000-Einwohner-Stadt zur Verfügung. Während der Verkehrsausschuss heuer mehr als eine halbe Million Euro Investitionsbedarf für das kommende Jahr ermittelte, finden sich im von ÖVP und SPÖ beschlossenen Budget nun gerade einmal 55.000 Euro für Radwegbau und -erhaltung. Mit diesem Betrag kann nicht ein einziges der lange geplanten größeren Projekte umgesetzt werden. Proteste vor allem seitens der PUK und der Grünen blieben bislang erfolglos.
Unsere Fragen an die Parteien
Wir haben die Fragen nach den drei wichtigen Faktoren Versprechen -> Budget -> Umsetzung ausgewählt. Wichtig war uns, dass die Projekte jetzt (2020) umgesetzt und nicht immer weiter aufgeschoben werden.
- Möchten Sie den Verkehr in Klosterneuburg aktiv auf nachhaltige Mobilitätsformen verlagern?
Das wurde genau so im Stadtentwicklungskonzept beschlossen. Wir haben also mit einer klaren Zustimmung gerechnet. - Wie groß soll das Klosterneuburger Pro-Kopf-Radwege-Budget 2020 sein?
Die Radlobby fordert als Richtwert 30 Euro pro Einwohner. Das tatsächliche Budget für 2020 beträgt ca. 2 Euro pro Einwohner. - Welche konkreten Radwegeprojekte soll Klosterneuburg 2020 umsetzen?
Mindestens eines der lange geplanten größeren Projekte (Gymnasium, Stollhof, Agnesbrücke/Anton-Bruckner-Volksschule) muss endlich umgesetzt werden.
Wahlkompass
Wir haben die ausführlichen Antworten der Parteien geprüft und nach dem Ampelsystem bewertet. Parteien mit gleicher Bewertung sind alphabetisch sortiert.
Bild: Radlobby Klosterneuburg
Wir freuen uns, dass Grüne, Liste Hofbauer und PUK unsere Fragen jeweils in unserem Sinne beantwortet haben.
Auch die NEOS haben die Notwendigkeit des aktiven Radwegeausbaus erkannt. Bei der Budgetierung vermissen wir aber eindeutig den Willen zur Veränderung. Clemens Ableidinger: „Die 30 Euro pro Kopf und Jahr, die die österreichische Klimastrategie vorsieht, wären schön, sind aus heutiger Sicht aber im Stadtbudget nicht freizuspielen.“ Leider wird dann der Sparkurs auch noch als „budgetverantwortlich“ verteidigt, was angesichts der anerkannten hohen Kosteneinsparungen durch den Radverkehr wahlweise als Irrtum oder Ausrede zu werten ist.
Die SPÖ ist als Juniorpartner mitverantwortlich für das aktuelle Budget. Karl Schmid gibt zwar zu, dass das Budget „einfach zu wenig“ ist, nennt aber keine besseren Zahlen. Bei der Umsetzung bleibt er mit „Drei-Täler-Radwegeschluss“ sehr vage und verschiebt die Projekte von 2020 gleich mal auf die „nächste Funktionsperiode“.
Für die Volkspartei flüchtet Markus Presle in abstruse Ausreden um keine Zahlen nennen zu müssen: „Aus unserer Sicht ist eine pro Kopf Berechnung von einzelnen Budgetbereichen unsozial. Unter dieser Methode würde es zu diskriminierenden Darstellungen kommen“. Bei Frage 3 nennt er dann konsequent auch nur Unverbindliches wie „Machbarkeitsstudien zu diversen Vorschlägen“.
Josef Pitschko von der FPÖ beantwortet unsere Fragen nicht. Er wünscht sich mehr Substanz von den anderen, will aber selbst nichts beitragen. Weil „die öffentliche Diskussion über das Radwegebudget lediglich eine substanzlose Politshow ist […] sehe ich auch keine Notwendigkeit, dass ich mich an dieser inhaltsleeren Scheindiskussion beteilige“.
Die Antworten der Parteien im O-Ton
Die Grünen
Für die Grünen antwortete Sepp Wimmer:
- Die Grünen Klosterneuburg versuchen nicht nur seit Jahren, sondern schon seit Jahrzehnten diese Verlagerung zu erreichen. So ist es schon eine Jahrzehnte alte Forderung von uns, die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern. Weiters ist eine jahrelang Forderung von uns die Kernzonengrenze zwischen Wien und Klosterneuburg aufzuheben und damit einen finanziellen Anreiz zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen. Diese Verlagerung auf nachhaltige Mobilitätsformen wird aber nur möglich sein, wenn sich die politischen Verhältnisse in Klosterneuburg ändern. (Dass der Radweg zwischen Kierlinger Bahnhof und Essl Museum 2005 innerhalb eines halben Jahres errichtet wird, war eine zentrale Koalitionsforderung der Grünen als die ÖVP 2005 die absolute Mehrheit verlor. Und er war in einem halben Jahr fertig. )
- Im Verkehrsausschuss ist eine Summe von 517.100,- als notwendig für die Fahrradinfrastruktur 2020 erhoben worden. Wir Grünen haben in der Gemeinderatssitzung am 22. November diesbezüglich auch einen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Dieser wurde in Finanzausschuss verwiesen und dort mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ abgelehnt. Unsere Forderung bleibt aber trotzdem aufrecht. Daher ergibt dies einen Pro-Kopf Aufwand pro Bevölkerung von € 19,-, aufgerundet also € 20,-. Dies ist unsere Forderung.
- Den Kierlingtal-Radweg.
Liste Peter Hofbauer
Für die Liste Peter Hofbauer antwortete Peter Hofbauer:
- Ich werde alle Innovationen auf dem Gebiet nachhaltige Mobilitätsformen aktiv unterstützen.
- Ich vertraue auf die diesbezüglich angestellten Berechnungen, die auf eine Verdoppelung des österreichischen Radverkehrsanteils von 7 auf 14 Prozent hinzielt. Diese Berechnungen belaufen sich auf € 30.- pro Kopf.
- Dem seit Jahren versprochenen Drei-Täler-Radverkehrsnetz ist Vorrang einzuräumen. Besonders wichtig erscheint es mir, die Lücke beim Stollhof zu schließen. Versprochen wurden Verhandlungen mit der AUVA. Ich bezweifle, dass es solche tatsächlich gegeben hat. Eine Anfrage an Herrn Bürgermeister gäbe darüber Aufschluss.
PUK – Plattform unser Klosterneuburg
Für die PUK antwortete Johannes Kehrer:
- Ein großes, eindeutiges JA! Für eine lebendige Stadt mit hoher Lebensqualität, zur Vermeidung von Schall und Feinstaubemissionen und vor allem für den Klimaschutz ist die Verlagerung auf nachhaltige Verkehrsformen das Um und Auf! Wir konnten ins Stadtentwicklungskonzept reklamieren, dass wir bis 2050 die Trendwende schaffen und 55 Prozent aller Wege in Klosterneuburg mit Öffis, Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Doch so ein ehrgeiziges Ziel erfordert massive Investitionen und ein weitreichendes Umdenken!
- Johannes Kehrer als Verkehrsstadtrat der PUK und Gemeinderat Stefan Hehberger als Gründungsmitglied des Forum Radverkehrs und ausgebildeter Radverkehrsbeauftragter (weitere Infos: https://unser- klosterneuburg.at/verkehr/stefan-hehberger-nun-kommunaler-fahrradbeauftragter/ ) hat in Abstimmung mit dem Forum Radverkehr und in Hinsicht auf die umsetzungsbereiten Projekte für das kommende Jahr gut 500.000 Euro für den Radverkehr budgetiert, das sind 20 Euro pro Person – in den Folgejahren sollte dieser Betrag noch deutlich steigen, nicht nur um den durch die Kürzungen des Radbudgets verursachten Investitionsrückstau zu kompensieren, sondern auch um in Klosterneuburg flächendeckend ein sicheres Radwegenetz zu entwickeln, beispielsweise alle Schulen und öffentlichen Einrichtungen anzubinden. Selbst bestehende Radwege sind derzeit noch viel zu schmal und werden gemeinsam mit Fußgängern genutzt. Nun wurde das Budget von der ÖVP/SPÖ-Koalition auf 55.000 Euro gekürzt, womit wir bei 2 Euro pro EinwohnerIn stehen. Sämtliche Projekte zur Umsetzung (Anbindung neues Gymnasium, Lückenschluss Otto-Kochwassergasse, Anbindung Agnesbrücke/Anton Brucknerschule) wurden gestrichen, übrig geblieben sind lediglich Projektierungskosten. Diese müssen jetzt in wichtige Projekte (Lückenschluss Stollhof, Anbindung Schulen, etc.) fließen, um im Folgejahr möglichst viel umsetzen zu können. Die Zeit drückt!
- Die Projekte Anbindung neues Gymnasiums & Lückenschluss Donauradweg, Lückenschluss Otto-Kochwassergasse, Anbindung Agnesbrücke/Anton Brucknerschule warten schon lange auf Umsetzung, auch heuer wurden sie – wie bereits in den Vorjahren – seitens des Verkehrsstadtrats budgetiert, aber gestrichen. Zusätzlich braucht es in den nächsten Jahren eine massive Verbesserung der Anbindung von Schulen und den lange ersehnten Lückenschluss Richtung Stollhof. Insgesamt weist der Radweg ins Kierlingtal viele enge Stellen, Konfliktpunkte mit Fußgehern und Umwegführungen auf, hier braucht es mittelfristig den großen Wurf! Dank der Budgetierung der regierenden Koalitionsparteien (ÖVP/SPÖ) müssen all diese Maßnahmen jedoch weiter warten. Außerdem braucht es an den Bahnhöfen und Öffi-Knoten viel mehr Infrastruktur fürs Abstellen der Räder – mehr Plätze und ein breit gefächertes Angebot (verschließbare Boxen, regensichere Abstellplätze). Das über die Projektierungskosten hinausgehende Budget für nächstes Jahr soll unserer Meinung nach in den Ausbau der Abstellanlagen an den Bahnhöfen fließen.
NEOS
Für NEOS antwortete Clemens Ableidinger:
- Ja. Der Umstieg auf nachhaltige Mobilitätsformen ist nicht nur aus ökologischen Gründen geboten sondern auch eine Frage der Lebensqualität. Weniger Autos bedeuten nicht nur weniger Feinstaub, sondern auch sicherere Straßen für Kinder, Ältere und Radfahrer_innen.
Wir NEOS haben daher auf Landes- und Bundesebene Petitionen zur Ausdehnung der Wiener Kernzone bis nach Klosterneuburg gestartet. Ziel ist es, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu machen und den Umstieg vom Auto auf die Öffis zu erleichtern. Die Ausdehnung muss jedoch Teil eines Gesamtkonzeptes für nachhaltige Verkehrspolitik sein, d.h. Analyse der bestehenden öffentlichen Verkehrsmittel in Klosterneuburg und Verbesserung einzelner Linien (etwa die Verbindung Bahnhof Weidling-Weidling), Ausbau der Radwege, Analyse und Verbesserung der bestehenden Park-and-Ride-Plätze, da in vielen Ortsteilen das Auto eine Vorbedingung ist um überhaupt zu einem Bahnhof gelangen zu können, sowie eine Radabstelloffensive.
Gerade die Ausdehnung der Kernzone wäre aus NEOS-Sicht ein guter erster Entlastungsschritt, da der Preis der Zonenfahrt eine zusätzliche Umstiegshürde bedeutet. Salopp formuliert: Wie soll man jemanden, der den Bahnhof Weidling nur mit dem Auto erreicht zum Umsteigen bewegen, wenn er für den Umstieg pro Richtung je eine Zonenfahrt bezahlen muss? - Mit den 5000 Euro, die die Stadtregierung 2019 veranschlagt hat ist jedenfalls keine Radverkehrspolitik zu machen. Die 30 Euro pro Kopf und Jahr, die die österreichische Klimastrategie vorsieht, wären schön, sind aus heutiger Sicht aber im Stadtbudget nicht freizuspielen. Als budgetverantwortliche, jedoch trotzdem zielführende Alternative schlagen wir NEOS daher vor, das jährliche Radbudget von den Kosten konkreter verkehrspolitischer Projekte abhängig zu machen. Die Kosten dieser Projekte sind gut kalkulierbar. Der Bau von 1 km Radweg kostet etwa 125 000 Euro. Bei 50%iger Beteiligung der Verkehrsbetriebe am Bau käme ein überdachter Stellplatz pro Fahrrad auf 1500€.
- Wir unterstützen das Anliegen, das BG/BRG Klosterneuburg an das bestehende Radwegenetz anzuschließen. Heißt: Anschluss an den Kierlingtal-Radweg, sowie die Anbindung des Medekviertels an diesen und das Sicherstellen sicherer Querungen für Radfahrer_innen an vielbefahrenen Straßen (z.B. Weidlinger Straße). Die Kosten dafür wären im Budget 2020 entsprechend zu berücksichtigen.
Da wir NEOS uns vorstellen, jedes Jahr Budgetmittel für konkrete Radprojekte zu reservieren, sollten in den folgenden jahren weitere radfahrpolitische Anliegen angegangen werden. So wäre etwa auch ein Anschließen der Schule und des Kindergartens in der Anton-Bruckner-Gasse an die bestehende Radinfrastruktur angezeigt. Verbesserungspotential sehen wir auch noch bei der Strecke Bahnhof Kierling-Donaurad
SPÖ
Für die SPÖ antwortete Karl Schmid:
- Es war und ist uns immer ein Anliegen, die Mobilitätsformen zu erweitern und ich darf dabei in Erinnerung rufen, dass solange wir Sozialdemokraten den Verkehrsstadtrat stellten, im Radwegebau mehr weitergegangen ist. Wir waren es auch, die diese nachhaltige Mobilität zum Mobilitätskonzept 2030 eingefordert haben. Wir werden uns auch weiterhin bemühen, hier Lösungen zu finden.
- Uns ist bewusst, dass das Budget für Radwege, sagen wir mal, nicht gerade üppig bestückt ist. Wir haben, dadurch dass es in Verantwortung des Verkehrsstadtrates ist, auch nicht wirklich die richtigen Zahlen parat, um hier eine Summe zu nennen. Angesichts dessen, was sich uns in der Umsetzung darstellt, ist es einfach zu wenig. Wobei aber schon zu berücksichtigen ist, nicht nur der Radweg selbst, sondern viele andere Maßnahmen, wie Stellflächen, Straßen-Sanierungen allgemein, etc., die ebenso dem Radfahren dienen, sind nicht im Budget für Radwege abgebildet, aber doch von uns umgesetzt.
- Es ist zu beobachten, dass das Radfahren sich großer Beliebtheit erfreut und ich selbst, wenn ich im Ort unterwegs bin, mein Fahrrad, oder meinen Elektroroller verwende. Was uns immer ein Anliegen war und in der nächsten Funktionsperiode unbedingt umgesetzt werden muss ist der Drei-Täler-Radwegeschluss.
Volkspartei
Für ÖVP antwortete Markus Presle:
- Ja.
- Aus unserer Sicht ist eine pro Kopf Berechnung von einzelnen Budgetbereichen unsozial. Unter dieser Methode würde es zu diskriminierenden Darstellungen kommen. Im Rahmen der Gesamtaufwände der Stadtgemeinde soll das Rad- und damit Straßenbaubudget immer eine ausreichende Summe für Erhaltung, Adaptierung und Neubau haben.
- Planung Radwegverbindung nach Kierling, Ausbau Donauradweg nach Wien, individuelles Budget für allgemeine Verbesserungen, Arbeiten Strandbadstrasse, Machbarkeitsstudien zu diversen Vorschlägen aus der Bevölkerung.
FPÖ
Für die FPÖ antwortete Josef Pitschko:
Am 26.11. wurde der Dringlichkeitsantrag der Grünen zur Aufstockung des Radwegebudgets im Finanzausschuss des Klosterneuburger Gemeinderates behandelt. Der grüne Stadtrat Mag. Sepp Wimmer hat als Vertreter der Antragsteller nicht einmal eine Idee geschweige denn einen konkreten Vorschlag zur Finanzierung der Budgetaufstockung eingebracht. Die PUK hatte in diesen Ausschuss nicht einmal einen Vertreter geschickt, obwohl das Klosterneuburger Budget ein Tagesordnungspunkt dieser Sitzung war.
Da ich in dieser Sitzung des Finanzausschusses den Eindruck gewonnen habe, dass die öffentliche Diskussion über das Radwegebudget lediglich eine substanzlose Politshow ist, weil offensichtlich nicht einmal die Grünen ihren eigenen Dringlichkeitsantrag ernst nehmen und die PUK gar nicht erschienen ist, sehe ich auch keine Notwendigkeit, dass ich mich an dieser inhaltsleeren Scheindiskussion beteilige. Dies insbesondere auch, weil ich derzeit mit der Verfassung meiner Budgetrede, der Vorbereitung der Gemeinderatswahl und mit konkreten dringenden Anliegen von hilfesuchenden Bürgern ausgelastet bin.